Überlastung in Schulen, von Lehrkräften und Schulleitungen: JETZT Belastungen reduzieren und unterstützen

Die Zeit ist reif, Schulen wirksam zu unterstützen: Unser Forderungen an das HKM

Die hessischen Lehrer*innen haben im Verlauf der Corona-Pandemie an der Schule viel mehr gearbeitet, als die vorgeschriebene Arbeitszeit vorsieht. Während des Distanzunterrichts/Home-Schooling mussten neue Formen des Unterrichtens entwickelt und neue Kommunikationsformen mussten umgesetzt werden; die E-Mail-Kommunikation hat sich daher in dieser Zeit weit mehr als verdoppelt. Wöchentlich neue Vorgaben des HKM mussten die kurzfristig umgesetzt werden: Hygienepläne, datenschutzrechtlich konformer Digital-/Distanz-Un­ter­richt, die Suche nach und die Einarbeitung in neue Unterrichtstools, ständig neue Formen des Wechselunterrichts und zuletzt Corona-Tests in den Schulen. Schulleitungen, insbesondere auch an den Grenzen zu unseren Nachbarbundesländern, sind mit den unterschiedlichen gesundheitsrechtlichen Vorgaben längst an den Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit angekommen. Echte Schulverwaltungskräfte zur Unterstützung der Landesaufgaben und zur Entlastung der Schulleitungen fehlen hingegen.

Jede Schule muss individuelle Lösungen erarbeiten und umsetzen, bevor Lösungsansätze vom HKM oder Schulamt kamen häufig genug – völlig verspätet, so dass es keine wirkliche Hilfe mehr war. Hinzu kamen die gescheiterten Versuche, eine bessere Hygieneausstattung oder digitale Endgeräte zu bekommen. Viele Kolleg*innen sind am Ende ihrer Belastbarkeit, fühlen sich verheizt und sind am Rande des Burnouts. Obwohl das HKM dies bestimmt auch wahrnimmt sollen die Schulen unter Volldampf weiterlaufen: Förderkonzepte für mehr Kinder denn je auf- und umsetzen, ohne dass für die schulintern entwickelten Konzepte Ressourcen bereitgestellt werden.

Die Pandemie ist nicht vorbei, mit den Auswirkungen wird weiterhin zu kämpfen sein. Hier sind neue Lern- und Unterrichtskonzepte gefragt die erst noch entwickelt werden müssen. Auch das wird Arbeitskraft kosten. Nach den Erfahrungen in den letzten anderthalb Jahren wollen wir nicht weiter davon ausgehen müssen, dass diese landesweite Aufgabe wieder Top-Down delegiert werden. Ein landesweit einheitliches Vorgehen durch konkrete und hilfreiche Vorgaben würde die Arbeit aller in der Schule Tätigen erheblich reduzieren und erleichtern (!)

Die Lehrkräfte fühlen sich im Stich gelassen insbesondere dann wenn in der BILD-Zeitung, in Talkshows oder den sozialen Medien wieder „Lehrer-Bashing“ betrieben wird und in den populistischen Chor einiger Politiker-Kolleg*innen eingefallen wird. Wo stellt sich das HKM schützend vor seine Beschäftigten? Lehrer*innen und Schulen sind nicht das Hauptproblem für die verschlafene Digitalisierung: Sie sind nicht nicht schuld daran, dass die digitale Infrastruktur seit Jahren vernachlässigt worden ist und Gelder an den Schulen nur kleckerweise ankommen. Ein Digitalpakt der erst innerhalb von 5 Jahren die notwendige verbesserte Ausstattung bringt, ist keine Hilfe.

Dafür wäre es allerdings Zeit (für unsere Forderungen an das HKM):

  1. Wir wünschen uns von unserem Dienstherrn und seinem Ministerium ein lautes, öffentliches, wertschätzendes Wort über die an den Schulen geleistete Arbeit während der Pandemie.  Dies sollte beinhalten, dass die Schulen aus den aktuellen Rahmenbedingungen nahezu alles herausgekitzelt haben, was ihnen möglich war. Vor allem die bisher geleistete Mehrarbeit muss gewürdigt werden.
  2. Außerdem fordern wir für die Schulen eine Investitionsoffensive einerseits in die Infrastruktur, angefangen von Luftfiltern für alle Klassenräume, Waschbecken mit Warm- und Kaltwasseranschluss, bis hin zu Fenstern, die richtig geschlossen und geöffnet werden können und damit kein Sicherheitsrisiko darstellen. Investitionen sind andererseits in Personal erforderlich, damit Förderarbeit effektiver gestaltet werden kann und/oder die Lerngruppen verkleinert werden können, damit jedem Schüler mehr effektive individuelle Zeit mit der Lehrkraft zur Verfügung steht. Zudem wäre es mehr als wünschenswert, wenn neben den Lehrer*innen auch alle Schüler*innen an den Schulen zum Lernen und Lehren endlich sinnvolle, zukunftsfähige – und v.a. einsatzfähige – digitale Endgeräte bekämen.
  3. Da die Lehrkräfte durch die eingangs erläuterten Probleme Mehrarbeit geleistet haben und diese nicht vergütet bekommen und ein eigentlich mehr als gerechtfertigter Stundennachlass für das eng geschnürte „System Schule“ kontra-produktiv wäre (weil auf den Schlag nicht tausende ausgebildete Lehrkräfte verfügbar sind), regen wir alternativ an, dass den Lehrkräften wenigstens anteilig die mehr geleistete Arbeitszeit auf dem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben wirdmindestens drei Stunden bei einer Vollzeitstelle! Und hier ist nochmal deutlich zu sagen, dass diese drei Stunden bei den meisten Kolleg*innen nur einen Bruchteil dessen ausmachen, was sie wirklich mehr gearbeitet und v.a. geleistet haben.
  4. Zudem fordern wir eine weitere Entschlackung der Lehrpläne. Viele Schulen machen sich in diesem Bereich trotz Überlastung schon allein auf den Weg. Hier muss das Kultusministerium klare Leitlinien vorgeben, damit diese Arbeit nicht tausendfach an jeder Schule einzeln geleistet wird und damit viel Arbeitskraft bindet. Dies muss schnell geschehen, damit wir mehr Lernzeit für die Schüler*innen gewinnen und diese sinnvoll einplanen können. Ebenso muss der überbordende Bürokratie- und Dokumentations­zwang deutlich reduziert werden. Wenn das nicht gewünscht wird, muss das in Zukunft wesentlich mehr in der Berechnung unserer Stundendeputate berücksichtigt werden.

Wenn Sie unsere Forderungen als Schulpersonalrat auch unterstützen wollen, dann wenden Sie sich per E-Mail bis 29.10.2021 an unseren Kreisvorstand.

Das ganze Schreiben an das HKM können Sie hier herunterladen

Autor: Richard Maydorn | 07.10.2021